Als zu diesem Zeitpunkt eine der besten Juniorinnen der Welt nahm Céline Naef im Januar 2023 ihre erste komplette Saison bei den Profis in Angriff. Was in den darauffolgenden zwölf Monaten folgte, war ein stetiger Aufstieg. Naef besiegte noch vor ihrem 18. Geburtstag die grosse Venus Williams, qualifizierte sich in Wimbledon auf Anhieb fürs Hauptfeld, gab ihr Debüt im Billie Jean King Cup und stiess in der Weltrangliste bis auf Rang 121 vor. Ein Jahr voller Erlebnisse, die es erstmal zu verarbeiten galt. «Es ist gar nicht so einfach, im stressigen Touralltag auch mal durchzuatmen. Ich musste lernen, mir die Zeit dafür zu nehmen», sagt die heute 19-Jährige im Podcast «Let’s talk about Tennis».
Resultatkrise als Chance für die Zukunft
Von aussen betrachtet sprach zu Beginn dieses Jahres wenigen dagegen, dass sich die Schwyzerin weiter in grossen Schritten der Weltspitze nähern würde. Und doch ist Céline Naef aktuell «nur» noch auf Position 185 der Weltrangliste zu finden. Lediglich eines ihrer letzten zehn Einzel konnte sie gewinnen. Eine Resultatkrise, die nicht spurlos an der jungen Frau vorbeigeht: «Manchmal frage ich mich schon, wieso ich schon wieder ein Match verloren habe, zumal auch einige dabei waren, in denen ich gut gespielt und sogar zum Sieg aufgeschlagen hatte.» Manchmal fehle ihr etwas die Unbekümmertheit des letzten Jahres. «Es ist für mich die erste Saison, in der ich Punkte zu verteidigen und entsprechend etwas zu verlieren habe. Mental ist das eine Herausforderung», sagt Naef. Das Vertrauen ins eigene Können lässt sie sich von der derzeitigen Baisse aber nicht nehmen. Es sei «eine Frage der Zeit», bis die Siege wiederkommen. Die junge Schweizerin weiss der aktuellen Situation gar etwas Positives abzugewinnen: «Ich bin froh, darf ich diese Phase durchleben. Ich habe in dieser Zeit bereits so viel über mich selbst gelernt, hart an mir gearbeitet und gemerkt, wie wichtig der mentale Aspekt im Tennis ist.»
Neue Trainingsmethoden für den nächsten Schritt
Die gemachten Erfahrungen und unermüdliche Arbeit im Training sollen Naef den Weg zurück auf die Siegesstrasse ebnen. Zurzeit fühle sie sich körperlich so fit wie noch nie, sagt die Spielerin, zu deren Stärken ohnehin schon die herausragende Athletik zählt. «Ich will noch schneller und noch spritziger werden, damit ich noch mehr Bälle zurückspielen und meine Gegnerinnen damit zur Verzweiflung bringen kann.» Ausserdem will sie lernen, ihre Emotionen während den Matches weniger nach aussen zu tragen. Dass sie ein emotionaler Mensch sei, bezeichnet Naef zwar als «coole Eigenschaft und Geschenk», auf dem Tennisplatz aber auch als Herausforderung. «Es geht darum, dass deine Gegnerin nicht immer sofort sehen sollte, wie es dir gerade geht.» Um an ihrem Pokerface zu arbeiten, lässt sich die akribische Arbeiterin im Training filmen. So will sie ihre Mimik und Gestik zwischen den Punkten analysieren. «Das war zu Beginn eher unangenehm, weil ich mich davon unter Druck gesetzt fühlte. Mittlerweile merke ich aber, dass es mich weiterbringt. Ich kann nur empfehlen, es mal auszuprobieren.»
Zu Gast im Podcast von Swiss Tennis
Ende August steht für Céline Naef mit der Qualifikation zu den US Open das nächste grosse Highlight auf dem Programm. Im November folgt das Heimspiel im Billie Jean King Cup gegen Serbien. An Gelegenheiten, die gemachten Fortschritte auf den Platz zu bringen, wird es also nicht mangeln.
Direkt unter diesem Text könnt ihr das komplette, rund 35-minütige Gespräch mit Céline Naef hören. Darin spricht sie unter anderem darüber, welche Rolle ihre Mutter und Trainerin für sie spielt, warum die soeben zurückgetretenen Andy Murray und Angelique Kerber Vorbilder für sie waren, und was es ihr bedeuten würde, die Schweiz eines Tages bei Olympia zu vertreten.