Harald Leemann ist leitender Arzt für Sportmedizin am Zuger Kantonsspital und betreut seit mittlerweile acht Jahren die Spielerinnen des Securitas Team Schweiz während und rund um deren Einsätze im Billie Jean King Cup. Seit diesem Jahr amtet Leemann ausserdem – im Rahmen einer Partnerschaft zwischen Swiss Tennis und dem Zuger Kantonsspital –  als offizieller Verbandsarzt von Swiss Tennis. Rechtzeitig zur anstehenden Interclub-Saison, richtet sich der renommierte Sportmediziner mit gezielten Informationen und Tipps an alle aktiven Tennisspieler:innen, mit dem Ziel, diesen eine verletzungsfreie Spielzeit zu ermöglichen: 

Tennis ist gesund – wenn ihr Acht auf euch gebt! 

Tennis ist eine der populärsten Sportarten weltweit. In einer kürzlich publizierten Studie wurde aufgezeigt, dass Tennis das Leben um 9.7 Jahre verlängern kann im Verhältnis zu einem Leben ohne sportliche Aktivität. Allerdings ist das Spiel mit dem Filzball auch mit einem gewissen Verletzungsrisiko verbunden. Die Verletzungsrate variiert zwischen 0,04 und 3 Fällen pro 1 000 gespielten Stunden. Die meisten Verletzungen treten an den unteren Extremitäten auf, gefolgt von Verletzungen der oberen Extremitäten und des Rumpfes. 

Tennis ist eine Stop-and-Go-Sportart, die schnelle Drehungen, Sprints und abruptes Abbremsen beinhaltet, was zu plötzlichen, akuten Verletzungen führen kann. Beispiele dafür sind das Umknicken des Fusses oder Muskelzerrungen. Chronische Verletzungen betreffen häufig die obere Extremität und resultieren aus repetitiven Bewegungsmustern, die zu Veränderungen oder Schäden an den Sehnen führen können. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Reizung des Ellbogens auf der Aussenseite, besser bekannt als «Tennisarm». Weiter kann bei Tennisspieler:innen oft beobachtet werden, dass die Schulter des Schlagarmes eine stärkere Aussenrotation und verminderte Innenrotation aufweist im Vergleich zur Gegenseite. Dieser Bewegungsumfang ist vorteilhaft für die Beschleunigung des Schlägers bei der Aufschlagbewegung, birgt jedoch auch Risiken für Verletzungen, bei welcher Kapsel- oder Sehnenmaterial einklemmen kann. Um der verminderten Innenrotation entgegenzuwirken, kann die regelmässige Durchführung des sogenannte Sleeper’s Stretch (siehe Illustration) empfohlen werden. 

Prävention ist wichtig – auch im Breitensport!

Der Stellenwert von Präventionsmassnahmen nimmt stetig zu, sowohl im Leistungs- als auch im Breitensport. Die Bedeutung dieser Massnahmen zur Vermeidung von Verletzungen wächst kontinuierlich. Es ist jedoch wichtig, zwischen Leistungs- und Breitensport zu unterscheiden. Aktuell zeigt sich, dass bei geringerer Spielstärke weniger Aufmerksamkeit auf die Prophylaxe und Verletzungsprävention gelegt wird.

Im Leistungssport empfiehlt Swiss Olympic eine jährliche sportärztliche Untersuchung, die eine körperliche Untersuchung, ein Labor und ein EKG umfasst, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Athleten sicherzustellen. Aber auch Breitensportler:innen sollten die Wichtigkeit regelmässiger medizinischer Untersuchungen nicht unterschätzen und diese nützen, um Verletzungen vorzubeugen und ihre sportliche Aktivität sicher und gesund auszuüben.

Um eure Leistung auf dem Platz zu optimieren und Verletzungen zu vermeiden, habe ich einige wichtige Tipps für euch zusammengestellt.

Vor einem Match:

• Geniesst zwei bis 3 Stunden vor einem Match eine vollständige Mahlzeit, die Kohlenhydrate (Vollkornprodukte, Quinoa, brauner Reis, Süsskartoffeln), Proteine (Hühnchen, Fisch, Tofu) und gesunde Fette (Avocado, Nüsse, Olivenöl) enthält, um euren Körper mit ausreichend Energie zu versorgen.
• Trinkt bereits zwei bis drei Stunden vor dem Match ca. 500 ml Wasser um hydriert zu bleiben, sodass eure Leistung im Match aufrechterhalten werden kann.
• Nehmt euch fünf bis zehn Minuten Zeit für ein effektives Aufwärmen mit leichter kardiovaskulärer Aktivität wie Joggen oder Fahrradfahren, um die Durchblutung zu steigern und eure Muskeln mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen.
• Führt dynamische Dehnübungen durch, um eure Muskeln aufzuwärmen und eure Beweglichkeit zu verbessern. 
• Spielt alle Schläge locker auf dem Platz durch, um euch und den Körper auf die Bewegungen und Anforderungen im Match vorzubereiten. 
• Visualisiert verschiedene Schläge und Spielzüge, um euch auch mental auf den Match vorzubereiten.

Während einem Match:

• Trinkt beim Seitenwechsel regelmässig Wasser, um euren Flüssigkeitshaushalt zu regulieren und eure Leistung aufrechtzuerhalten. Elektrolytgetränke können verlorene Elektrolyte wieder auffüllen und euch dabei unterstützen.
• Setzt auf leicht verdauliche Kohlenhydrate wie Bananen, Beeren, Energieriegel oder Vollkornbrot, um eure Energiereserven während dem Match zu erhalten. Vermeidet Getränke mit hohem Zuckergehalt, um schnelle Energieanstiege und -abfälle zu vermeiden.

Nach einem Match

• Lauft aus und führt ein leichtes Dehnungsprogramm durch, um eure Muskeln zu entspannen und den Blutfluss zu fördern.
• Nutzt ein Eisbad, kaltes Duschen oder legt Eispackungen auf besonders beanspruchte Muskelgruppen, um Entzündungen und Muskelkater zu reduzieren.
• Trinkt ausreichend Wasser, um euren Flüssigkeitsverlust auszugleichen, und geniesst eine ausgewogene Mahlzeit mit Kohlenhydraten, Proteinen und gesunden Fetten, um euren Körper zu unterstützen.

Nun wünsche ich euch eine erfolgreiche, verletzungsfreie Interclub-Saison sowie gute, spannende Matches.