Als Tennisspieler gehörte Emilio Sánchez in den 1980er und 1990er-Jahren zu den Besten der Welt. Während der Spanier im Einzel bis auf Rang 7 der Weltrangliste vorstiess, war er im Doppel gar die Nummer 1 und gewann drei Grand-Slam-Turniere. Einige Jahre später wurde der heute 59-Jährige zum Captain des spanischen Davis-Cup-Teams ernannt. In dieser Funktion traf er im Februar 2007 auf die Schweiz – im Rahmen einer Davis-Cup-Begegnung in Genf.
Emilio Sánchez, welche Erinnerungen haben Sie noch an diese Begegnung mit der Schweiz?
Es hätte ein unglaubliches Duell werden können mit absoluten Topspielern in beiden Teams. Aus verschiedenen Gründen kamen in der Begegnung, die auch damals direkt nach den Australian Open ausgetragen wurde, aber weder Rafael Nadal noch Roger Federer oder Stan Wawrinka zum Einsatz. So standen andere Spieler im Fokus. Ich kann mich erinnern, dass auf Seiten der Schweizer Marco Chiudinelli hervorragend gespielt und sowohl Fernando Verdasco als auch David Ferrer bezwungen hat. Am Ende entschieden wir die äusserst knappe Begegnung dennoch mit 3:2 für uns.
Im darauffolgenden Jahr, im November 2008, haben Sie mit ihrem Team den Davis Cup gewonnen. Was bedeutet Ihnen dieser Erfolg noch heute?
Sehr viel! Damals ging für mich ein Traum in Erfüllung. Ich habe den Davis Cup immer geliebt und nicht zuletzt die Art und Weise, wie wir gewannen, machte mich stolz. Wir reisten ohne Rafael Nadal zum Final nach Argentinien. Das machte uns zum klaren Aussenseiter, zumal die Argentinier mit David Nalbandian und Juan Martin Del Potro zwei Top-10-Spieler in ihren Reihen hatten. Wir hatten also nichts zu verlieren, während sie vor heimischer Kulissen einen gewissen Druck verspürten. Die Vorentscheidung fiel dann im Doppel, wo Feliciano Lopez und Fernando Verdasco zuerst in Rücklage gerieten, die Partie aber noch drehen konnten. Im darauffolgenden Einzel machte dann Verdasco den Sack zu für uns.
Für Spanien war es damals der dritte Sieg im Davis Cup, heute sind es bereits deren sechs. Welche Bedeutung hat dieser Wettbewerb für die Menschen im Land?
Der Davis Cup hatte in Spanien bereits seit den 1960er-Jahren einen enormen Stellenwert. Für die Menschen war er phasenweise fast wichtiger als die Grand-Slam-Turniere und jeder Spieler wollte unbedingt Teil des Teams sein. Mit dem neuen Format hat der Wettbewerb aber auch bei uns etwas seine Magie verloren. Die klassischen Heim- und Auswärtspartien in der finalen Phase fehlen ebenso wie die Best-of-five-Matches. Das führte leider dazu, dass die Leute den Davis Cup nicht mehr im gleichen Masse verfolgen. Nicht mal in den letzten Jahren, als wir die Finals in Malaga hatten, kam eine Euphorie auf wie früher.
David Ferrer war damals einer Ihrer Spieler und ist heute selbst Captain der Spanier. Was können Sie über ihn und sein Team sagen?
Egal wo auf der Welt wir spielten, David hat sich immer zum Davis Cup bekannt und ist mit Stolz für Spanien aufgelaufen. Das wäre auch nicht anders gewesen, wenn wir am Nordpol auf Eis gespielt hätten. Als Captain kämpft er jetzt damit, dass die Topspieler von heute teilweise andere Prioritäten setzen. Sie haben grosse Teams um sich, die sie bezahlen müssen. Im Davis Cup können sie aber nicht viel Geld verdienen, da geht es eher um die Ehre. So muss Spanien beispielsweise gegen die Schweiz ohne Carlos Alcaraz auskommen, was ein grosser Verlust ist für das Team. Aber auch die vier Spieler, die dabei sind, bilden eine konkurrenzfähige Truppe.
Wie gut kennen Sie das Team der Schweizer und wie schätzen sie deren Chancen gegen Spanien ein?
Ich weiss, dass die Schweiz einige junge Spieler mit grossem Potenzial hat, muss aber zugeben, dass ich sie nicht allzu gut kenne. Für sie wird es gegen Spanien wichtig sein, den Heimvorteil gut zu nützen. Je schneller die Bedingungen in Biel sein werden, desto besser stehen die Chancen der Schweizer. So oder so müssen sie sich auf Spanier einstellen, die um jeden Punkt kämpfen werden. Leicht wird es also nicht. Das wird aber eine spannende Begegnung, in der alles passieren kann.
Am 8. und 9. März 2025 sind Sie persönlich in Biel – als Speaker beim Swiss Tennis Forum. Was dürfen die Teilnehmenden von Ihnen erwarten?
Ich werde den Leuten aktiv auf dem Platz zeigen, wie wir bei uns in der Emilio Sánchez Academy trainieren und worin sich unsere Methoden unterscheiden von jenen der anderen. So legen wir etwa besonderen Wert auf die Fussarbeit, weil sie Basis für fast alles ist im Tennis. Darauf lassen sich physische, taktische und mentale Stärken aufbauen. Auch das Doppel-Spiel wird einen wichtigen Platz einnehmen in meiner Präsentation. Grundsätzlich ist mir wichtig, dass die Leute etwas lernen und für sich mitnehmen können.



