Im Rahmen einer Spezialausgabe zum Billie Jean King Cup traf die smash-Redaktion den Schweizer Captain zum Interview. Hier zeigen wir dir einen Ausschnitt daraus.
Heinz Günthardt, was fasziniert Sie an Ihrem Job?
Mein grosses Glück ist: Unser Team ist wirklich ein Team. Jeder zieht mit, jeder freut sich auf die gemeinsamen Wochen im Jahr. In so einem Umfeld arbeiten zu können, bereitet mir viel Freude. Es ist immer schön mit ansehen zu können, wie die Spielerinnen dieses Mannschaftsgefühl leben. Das kennen sie als Einzelsportler auf der Tour nicht. Viele fragen sich, wie das ist, wenn man etwa in einer Fussballmannschaft spielt, ein Tor schiesst und vom gesamten Team gefeiert wird. Wenn du als Tennisspielerin in der ersten Runde bei irgendeinem Turnier ein Break schaffst, fallen dir ja nicht zehn Kolleginnen um den Hals. Im Billie Jean King Cup ist das komplett anders. Der Teamspirit macht ihn so besonders.
Erleben Sie das Zusammengehörigkeitsgefühl als Kapitän ähnlich intensiv wie die Spielerinnen?
Natürlich fühle ich mich als Teil des Teams. Ich spiele auf eine Art selbst mit, wenn ich am Platzrand auf der Bank sitze und die Matches hautnah miterlebe. Selbstverständlich lässt mich das nicht kalt. Die Emotionen, die Ups und Downs einer Partie packen mich ähnlich wie die Spielerinnen. Ich schlage keinen einzigen Ball, bin aber voll drin in der Partie. Zudem kann ich in den Matches meinen Rat weitergeben. Das Wort „eingreifen“ vermeide ich an der Stelle, weil das ein zu grosser Begriff wäre. Und der nächste Seitenwechsel kommt bestimmt. Dann solltest du als Teamchef auch immer eine gescheite Antwort parat haben, wenn eine Spielerin dich etwas fragt. Allein dadurch nehme ich jedes Match viel intensiver wahr, als wenn ich nur irgendwo auf der Tribüne sitzen würde.
Der Billie Jean King Cup findet nur punktuell in der Saison statt. Halten Sie dennoch über das ganze Jahr engen Kontakt zu Ihren Spielerinnen?
Ja, das ist mir äusserst wichtig. Wir haben einen sehr aktiven Gruppen-Chat, da flattern täglich Beiträge rein. Und ich versuche regelmässig bei den grösseren Turnieren dabei zu sein, um zu sehen, wie sie spielen. Dabei tauschen wir uns dann aus. Ich brauche als Kapitän ein Gefühl für das Spiel meiner Spielerinnen. Und das bekommt man besser, wenn man live vor Ort ist.
Sie als älterer weisser Mann betreuen junge Frauen – ist das für Sie manchmal auch eine problematische Konstellation?
Auf keinen Fall! Im Grunde genommen ist jung und alt die potenteste Kombination überhaupt – nicht nur im Profisport. Die einen haben die Energie, die anderen die Erfahrung. Was nun das Geschlecht betrifft: Ich sehe da keinen grossen Unterschied, ob ich nun mit Frauen oder Männern arbeite. Wenn ich fähig bin, meine Erfahrungen, die über 40 Jahre lang gesammelt habe, in Worte zu packen, die auch junge Frauen verstehen, dann habe ich einen wichtigen Teil meines Jobs ganz ordentlich gemacht.
Wenn Sie mal zurückblicken auf das Jahr 2022: Was war damals los, als die Schweiz den Billie Jean King Cup gewann?
Das war schon ein Riesending damals für uns als kleine Schweiz. Was man nie vergessen darf: Wir sind im Wettkampf mit den grossen Tennisnationen, die ein viel höheres Budget haben als wir – teilweise mehr als das Hundertfache. Das ist kaum vorstellbar. In so einer Grundkonstellation kann schnell der Gedanke aufkommen, dass da nichts für die Schweiz zu holen ist. Aber wenn dann die richtigen Personen an den Schlüsselpositionen sitzen und ein Glaube entsteht, der eine von sich überzeugte Mannschaft aufkommen lässt, dann geht eben doch eine ganze Menge. Insofern bin ich schon stolz auf das, was die Schweiz im Billie Jean King Cup erreicht hat.
Das vollständige Interview mit Heinz Günthardt sowie weitere spannende Geschichten rund um den Billie Jean King Cup findest du unter folgendem Link auf insgesamt acht Seiten in der Spezialausgabe von smash: smash BJKC-Spezial (ePaper)




