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28. Juli 2023, 08:27

Céline Naef: «Das Streben nach Entwicklung ist ständig da»

Céline Naef, die Juniorin? Das war einmal! In den letzten zwei Jahren wurde im Nationalen Leistungszentrum von Swiss Tennis aus einer erfolgreichen Juniorin ein Jungprofi, der sich aufmacht, die Tenniswelt zu erobern.

Den 13. Juni 2023 wird Céline Naef wohl ihr Leben lang nicht mehr vergessen. Beim WTA-250-Turnier im niederländischen S’Hertogenbosch bestreitet sie knapp zwei Wochen vor ihrem 18. Geburtstag erstmals überhaupt ein Match auf dieser Stufe – gegen die siebenfache Grand-Slam-Siegerin Venus Williams. Im bis auf den letzten Platz ausverkauften Stadion und mit einer lebenden Legende des Sports auf der anderen Seite des Netzes wäre so manch eine wohl vor Ehrfurcht erstarrt. Und nein, komplett spurlos ging all das auch an der jungen Schweizerin nicht vorbei: «Zu Beginn der Partie war ich sehr nervös. Definitiv nervöser als sonst. Ich benötigte etwas Zeit, um mit der Situation klarzukommen. Denn auf der einen Seite habe ich versucht, mich auf mich selbst zu konzentrieren, andererseits wollte ich aber auch die Energie des Publikums aufsaugen. Irgendwann habe ich einen guten Mittelweg gefunden.» Naef gewann die Partie sensationell mit 3:6, 7:6 und 6:2 und bezwang zwei Tage später auch die Amerikanerin Caty McNally, die damalige Nummer 62 der Welt. «Für mich war schön zu sehen, dass ich mich wohl fühle auf einer solch grossen Bühne. Das ist für mich nicht selbstverständlich und macht grosse Lust auf mehr», blickt die Teenagerin aus dem Kanton Schwyz zufrieden zurück.

«Zusammen mit meinem Team entwickle ich meine Stärken und baue darauf. Dabei finde ich immer wieder neue Dinge, die ich verbessern kann»

Das Interview mit Céline Naef führen wir im Nationalen Leistungszentrum von Swiss Tennis in Biel, kurz NLZ. Hierhin hat die heute 18-Jährige vor rund zwei Jahren ihre Trainingsbasis verlegt. Davor genoss sie eine achtjährige Ausbildung in der Tennisschule von Melanie Molitor und arbeitete danach mit Coach Roy Sjögren zusammen. «Ein wichtiger Grund für meinen Wechsel nach Biel war Konditionstrainer Beni Linder. Ich wollte mich mit seiner Hilfe körperlich weiterentwickeln und in diesem Bereich neue Wege gehen, mit dem Ziel, dadurch noch mehr Möglichkeiten für mein Spiel zu finden. Von Beginn weg fühlte ich mich sehr wohl im NLZ. Die Arbeit mit Beni ist sehr lehrreich und für mich von unschätzbarem Wert! Er arbeitet sehr präzise und bringt mich immer wieder an meine Grenzen», so die Spielerin, zu deren herausragenden Qualitäten heute nicht zuletzt ihre Athletik zählt. Betrachtet man ihre Entwicklung, hat sich der Schritt nach Biel bewährt. Galt sie damals noch als Juniorin mit internationalem Potential, hat sich Céline Naef heute bereits bei den Profis etabliert. «Ich bin sehr zufrieden damit, wie ich mein Spiel weiterentwickeln konnte. Zusammen mit meinem Team entfalte ich meine Stärken und baue darauf. Dabei finde ich immer wieder neue Dinge, die ich verbessern kann. Dieses Streben nach Entwicklung ist ständig da. Ich betrachte es als eine meiner grossen Stärken.»

«Es ist extrem cool, dass wir in Biel auf allen Belägen trainieren können»

Wichtigster Bestandteil des angesprochenen Teams ist Mutter Sandra. Die ausgebildete Tennistrainerin ist auch in Biel stets an der Seite ihrer Tochter. «Meine Mami hält die Fäden in der Hand und ist fast immer an meiner Seite. Sie arbeitet sehr eng mit Beni Linder und Michi Lammer zusammen und managt alles sehr gut. Mein kleiner Bruder und mein Papi, der ebenfalls einen grossen Beitrag leistet, sind aber immer froh, wenn sie zuhause ist. Deshalb werde ich bei einzelnen Turnieren von Michi betreut. In Biel arbeite ich viel mit ihm auf dem Platz und kann von seiner Erfahrung als Spieler enorm profitieren. Wir hatten schon viele gute und bedeutende Gespräche. Er ist eine wichtige Vertrauensperson für mich und hilft uns, wo er kann. Dafür bin ich sehr dankbar», benennt Céline Naef einen weiteren Erfolgsfaktor. Ein solcher ist auch Heinz Günthardt. Der Schweizer Billie Jean King Cup-Captain ergänzte das Kernteam zuletzt vermehrt als Ideengeber von aussen. Zum personell ideal aufgestellten Team kommen die infrastrukturell perfekten Bedingungen in Biel. Das NLZ von Swiss Tennis verfügt über Sand- und Hartplätze und ist nur wenige Minuten vom alten Gurzelen-Stadion entfernt, wo sich die beiden einzigen öffentlichen Rasenplätze der Schweiz befinden. Naef: «Es ist extrem cool, dass wir in Biel auf allen Belägen trainieren können. Dafür bin ich sehr dankbar. Ausserdem habe ich hier immer wieder die Chance mit hervorragenden Spielerinnen und Spielern zu trainieren, was essenziell ist, wenn man sich und sein Spiel verbessern möchte.»

«Ich sehe mich selbst immer noch in einer Phase der Ausbildung»

Ende Juni, zum Zeitpunkt des Verfassen dieses Textes, ist Céline Naef in der WTA-Weltrangliste bereits an 166. Stelle zu finden. Zu Beginn des Jahres 2023, als sie sich dazu entschied, künftig nicht mehr bei den Juniorinnen anzutreten, belegte die sie noch Platz 415. «Was das Ranking betrifft, habe ich meine Ziele für dieses Jahr bereits übertroffen. Darauf will ich mich aber nicht ausruhen. Ich sehe mich selbst immer noch in einer Phase der Ausbildung, in der das Lernen und das Kreieren des eigenen Stils weiter im Mittelpunkt stehen. Natürlich freue ich mich über die Siege und guten Ergebnisse, sie haben aber nicht wirklich Priorität.» Als Schweizer Tennisfan darf man gespannt sein, wohin sie ihr Weg, den sie Schritt für Schritt und äusserst bedacht zu gehen scheint, Céline Naef noch führt.

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