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16. Dezember 2025, 10:00

Roger Federer: «Ich bin ein Kind des Verbandes»

Mitte November stattete Roger Federer dem Nationalen Leistungszentrum von Swiss Tennis in Biel einen Besuch ab. Der Weltstar bescherte den Talenten von heute einen unvergesslichen Tag und strich die Bedeutung des Verbandes für seine eigene Karriere heraus. Das komplette Interview mit Roger Federer findest du hier als Video und Podcast.

Als Roger Federer das Nationale Leistungszentrum von Swiss Tennis in Biel betritt, schliesst sich für ihn ein Kreis. Drei Jahrzehnte sind vergangen, seit er selbst als 14-Jähriger erstmals ins NLZ – damals noch in Ecublens – eintrat. Ein Schritt, der von grosser Hoffnung aber auch Unsicherheit begleitet war. Heute steht Federer vor den Talenten einer neuen Generation, beobachtet Trainings, beantwortet Fragen und spürt, wie viel Energie in der Halle steckt. «Ich bin superfroh, dass ich heute hier sein konnte und all die Talente habe spielen sehen. Dabei habe ich gespürt, wie hier gearbeitet wird. Das hat mir sehr gut gefallen», sagt er.

Der Besuch hat für ihn weit mehr als nur nostalgischen Charakter. «Die Zeit bei Swiss Tennis war eminent wichtig für meine Karriere», betont Federer rückblickend. Der Weg war jedoch nicht von Anfang an ein leichter. Der junge Basler litt zu Beginn unter Heimweh, sprach noch kein Französisch und fand sich – trotz grosser Erwartungen – auch auf dem Tennisplatz nicht sofort zurecht. «Ich kam als Supertalent aus Basel und war plötzlich nur noch einer von vielen – wenn nicht sogar der Schwächste.» Gerade diese Erfahrung trieb den Mann, der später 20 Grand-Slam-Turniere, Olympische Medaillen und den Davis Cup gewinnen sollte, an. «Ich bin sehr daran gewachsen. Ich hatte tolle Coaches und eine unglaublich intensive, lehrreiche Zeit.»

Wie war das damals mit dieser Blache?

Als Swiss Tennis 1997 von Ecublens nach Biel umzog, war Federer dort zusammen mit dem heutigen Nationalcoach Sven Swinnen ein Talent der ersten Stunde. Am neuen Standort ereignete sich auch jene Episode, die dort bis heute unvergessen ist. Federer erzählt, wie er damals in einem Moment jugendlichen Leichtsinnes eine komplett neue Blache hinter dem Court zerstörte. «Der Schläger ist dort durch wie ein warmes Messer durch Butter. Alle haben aufgehört zu spielen und geschaut. Ich habe einfach meine Sachen gepackt und bin rausgelaufen, weil ich wusste, was es für mich geschlagen hatte.» Die Strafe folgte sofort: WC putzen – eine Woche lang. Am Ende wurde es nur ein Tag, aber die Lektion blieb. «Es hat mir gezeigt: Du musst dich im Zaum halten, dich kontrollieren. Das war wichtig für mich.»

Wenn Federer durch das Nationale Leistungszentrum von heute geht, staunt er über die Entwicklung: mehr Plätze, bessere Infrastruktur, eine moderne Unterkunft zum Wohnen und mehr Talente als seinerzeit. «Es ist schön zu sehen, dass sich hier etwas tut, dass es wächst. Eine gute Breite ist wichtig. Ausserdem brauchst du eine positive Kultur auf den Plätzen. Wenn du hart trainierst, muss es auch lässig sein.» Auch wenn sich in all den Jahren einiges verändert hat, sind viele Werte dieselben geblieben – Werte, die Federer selbst über eine ganze Karriere verkörperte und die heute in Form von zwölf Leitsätzen im Swiss Tennis Way verankert sind. Auf die drei wichtigsten angesprochen, sagt er: «Gut zuhören, hart trainieren und es unbedingt wollen – und vielleicht noch neugierig sein.» Neugier, sagt Federer, sei eine seiner stärksten Triebfedern gewesen. «Ich musste immer alles wissen und habe stets hinterfragt, was die Coaches mir mit auf den Weg gegeben haben.»

Bald schon regelmässig in Biel?

Gleichzeitig möchte er den Talenten von heute den Druck nehmen, ständig mit ihm verglichen zu werden. «Sie müssen nicht der nächste Roger Federer sein», sagt er klar. «Sie sind ihre eigene Persönlichkeit, mit ihrem eigenen Style, ihrer eigenen Geschichte.» Die Erwartungshaltung der Aussenwelt dürfe man gerne als Kompliment annehmen – aber nicht als Last an sich heranlassen.

Für Federer steht fest: Er möchte wieder öfter nach Biel kommen und seine Erfahrung einbringen. «Wenn einer wie ich kommt und dasselbe sagt wie die Coaches, beruhigt das die Jungen oft. Es zeigt ihnen: Ängste sind okay. Wichtig ist, was wir kontrollieren können – an uns glauben, hart trainieren, eine coole Zeit haben.» Der ehemalige Weltsportler bezeichnet sich selbst als Kind des Verbandes und weiss die Unterstützung von Swiss Tennis bis heute zu schätzen. «Wenn es einer aus den Verbandsstrukturen geschafft hat, dann bin es wahrscheinlich ich. Darum bin ich heute hier, um danke zu sagen.»

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